OpenAI, ChatGPT … werden Sie als Texterin oder Texter künftig überhaupt noch gebraucht? Wenn Sie mit Texte-Schreiben Geld verdienen, so wie ich seit über 30 Jahren, dann stellt sich natürlich diese Frage. In diesem Beitrag möchte ich aus Insider-Sicht die Perspektiven und Risiken beleuchten und 4 Geschäftsmodelle vorstellen, wie Sie trotz (und mit) KI als Freelance-Texter oder Marketing-Agentur möglicherweise gut im Business bleiben.
Legen wir gleich los. Neulich ging’s durch die Presse …
Eine Kölner Werbeagentur hat erstmals eine Stelle eines AI-Prompters ausgeschrieben. Einen Souffleur oder eine Souffleuse für künstliche Intelligenz.
Was wie ein Scherz klingt, wird bald wohl zahlreiche Texter-Jobs treffen
Die Anzeige gab’s wirklich. Auf Xing war sie unter anderem zu sehen. Und insofern ja, die Einschläge kommen näher und die Frage ist, was können Sie als Texterin oder Texter jetzt tun und was kann die KI eigentlich leisten?
Ich hab’s mal ausprobiert. Und bei ChatGPT folgenden „Textwunsch“ eingegeben:
Entwickle 20 Blogpost-Themen rund um das Thema „Textcoaching„. Ziel ist es, Lesern aufzuzeigen, welche Potenziale im Optimieren der eigenen Webtexte liegen, und warum und wobei ein erfahrener Textcoach dabei helfen kann.
Und die KI liefert:
In Windeseile 20 Blog-Themen auf einen Schlag. Wow.
Hätte ich so schnell nicht hingekriegt. Sie?
Dann habe ich mal ein bisschen tiefer gebuddelt. Kann die KI auch zu einem dieser Vorschläge einen kompletten Text schreiben?
Ich hab mit der Blog-Outline angefangen:
Schreibe eine Blog-Outline zum Thema „5 häufige Fehler in Webtexten und wie man sie vermeidet“ und texte anschließend den kompletten 800 Wörter Blogbeitrag, verwende dabei den Sie-Stil, verwende aktive Sprache und schreibe conversational“
Tadaa! Hier ist auch schon die Blog-Outline:
Schon beachtlich, oder?
Die entscheidende Frage ist jetzt:
Wie steht es um die Qualität der von der KI ausformulierten Texte?
Das schreibt die KI zu Textfehler Nr. 1: Unklare und unverständliche Sprache:
Einer der häufigsten Fehler bei Webtexten ist eine unklare und unverständliche Sprache. Wenn Ihre Texte nicht klar und verständlich sind, wird es Ihren Lesern schwerfallen, Ihre Botschaft zu verstehen? Um dies zu vermeiden, sollten Sie eine klare und einfache Sprache verwenden.
Sie merken schon, hier wird einfach nur gelabert
Text geliefert, damit da ein Text steht. Mehr nicht.
Also ganz entspannt zurücklehnen, liebe Texterinnen und Texter?
Leider nicht ganz. Denn außer ChatGPT gibt es andere KI-Software, die da schon wesentlich gewiefter vorgeht. Zum Beispiel Copy.ai und HelloScribe.ai.
HelloScribe habe ich mir gegönnt. Spannendes Tool.
Und mit HelloScribe werden die KI-Texte schon deutlich besser, wie Sie im folgenden Beispiel sehen. Links die Texter-Tools, rechts, was Sie konkret texten lassen wollen.
So beherrscht HelloScribe unter anderem auch klassische Texter-Formeln wie AIDA, PAS (Problem-Agitate-Solve) oder BAB (Before-After-Bridge).
Hier meine Texteingabe:
Zack das Ergebnis (plus 3 weiterer Alternativen):
Nicht soooo schlecht, oder?
Also, es wird eng für uns Texter. Und die Tools werden immer besser. Zeit, sich spätestens jetzt ernsthaft Gedanken zu machen, wie es um Ihre berufliche Zukunft bestellt ist.
Die große Texter-Frage: Was tun?
Hoffen, dass Ihre Kunden ahnungslos bleiben? Ich vermute, dazu ist es zu spät. Die Medien sind voll von diesem Thema. So machte das Handelsblatt daraus seinen Aufmacher.
Und spätestens am Abendbrottisch werden Marketing-Verantwortliche von ihren Kindern hören: „Hallo? Bist du verrückt? Zahlst 4.000 € für ein paar Blogposts oder ein Monatsabo für Blogbeiträge? Das kannst du mit KI doch easy selber machen! Oder deine Sekretärin oder der Azubi, wer auch immer. Und wenn du mir Geld gibst, mache ich es auch. Abends, nach Feierabend, in einer Stunde.“
Aber, aber, höre ich jetzt viele Textschaffende sagen:
„Die Kunden, die wollen doch Qualitätstexte!“
Wirklich? Ich war lange Jahre Texter in Agenturen und wie oft musste ich für gute Texte kämpfen, wenn es ein 08/15-Text auch getan hätte? Und allen Mühen zum Trotz … zum Schluss wurde vom Geschäftsführer doch wieder alles auf Mainstream runtergekocht.
Hier so ein Dünnbrett-Text für eine Unternehmensberatung – generiert von ChatGPT:
OMG! Langweilig und zigfach gelesen, sagen Sie?
Stimmt. Aber wenn ich mir die Unternehmensberatungs-Webseiten da draußen so anschaue, die lieben solche Schmaltexte! Und haben dafür bei Textern und Agenturen oft viel Geld auf den Tisch gelegt!
Also, ich frage Sie noch einmal: Wollen Ihre Kunden wirklich Qualitätstexte?
Oder sind die auch mit weniger zufrieden? Mit dem, was die Robo-Texter ihnen for free in Sekundenschnelle liefern? Was nur noch kurz nachoptimiert werden muss?
Schwierig, dagegen anzustinken als Texter
Vor allem, wenn Sie für Ihre handgeschmiedeten Texte weiterhin Ihre üblichen Texterhonorare wollen. Es wird gewaltige Verwerfungen in der Textbranche geben. Sehen wir uns das mal etwas genauer an:
KI-Auswirkungen bei Text-Kunden
- Weniger Text-Outsourcing: Klar, werden Ihre Kunden künftig weniger Textaufträge nach draußen geben. Wenn man vieles doch die KI texten lassen kann. Zugeben, die Qualität wird nicht so super sein. Aber vielen Kunden dürfte sie reichen.
- Verstärkter Schulungsbedarf: Besonders jetzt, wo KI-Text-Tools Einzug in Unternehmen halten, müssen Marketing- und PR-Beauftragte intern fit im KI-Texten gemacht werden.
- Textqualität sinkt: Aber, so what? Pareto lässt grüßen: Mit 20 % Einsatz bekommen Ihre bisherigen Textkunden 80 % Okay-Texte. Das Optimum rauszuholen würde zu viel Geld, zu viel Zeit und externe Hilfe brauchen.
Okay, schauen wir weiter …
KI-Auswirkungen bei Textagenturen und Werbeagenturen
Auch da gibt es natürlich gewaltige Verschiebungen:
- Weniger Textaufträge: = weniger Rechnungen schreiben = weniger Umsatz = weniger Gewinn. Kann ich dann meine Textmannschaft noch bezahlen? Und wofür?
- Hoher Wettbewerbsdruck: Dumpingpreise der Wettbewerber, Qualität wird nicht mehr gewertschätzt. Oder wenn gewertschätzt, dann wird dafür aber nichts extra bezahlt.
- Mehr Text-Supervision: Sind die Texte, die ich als Agentur outsource wirklich original getextet oder zahle ich teure Texter, die sich von der KI zuarbeiten lassen – ohne es mich wissen zu lassen? Und deren „Originaltexte“ von Suchmaschinen abgestraft werden, weil sie sich letztlich als KI-generiert entpuppen?
KI-Auswirkungen bei Text-Freelancern
Wie sieht’s aus bei den Freelancern? So wie ich einer bin oder viele andere draußen im Markt? Ja, wir müssen uns, denke ich mal, warm anziehen:
- Wegfall der Brot-und-Butter-Jobs: Also keine Blog-Beiträge mehr schreiben, Content-Marketing-Support bieten und so weiter. Das machen viele Unternehmen künftig inhouse mit KI.
- Probleme, seine Preise durchzusetzen: Da müssen Sie künftig schon wirklich, ja, sehr gute Argumente haben. Dass Ihre Texte anders sind. Dass Sie dafür viele Stunden gebraucht haben. Wenn immer mehr Kunden sagen. „Brauch ich nicht. Die KI textet’s in 30 Sekunden.“ wird’s schwierig.
- Glaubwürdigkeitsverluste: Selbst wenn es stimmt, dass Sie an Ihren Texten ewig gefeilt haben, Stunde um Stunde recherchiert, kleinstteilig alles zusammengetragen haben, um wirklich das Optimum aus dem Text rauszuholen …. für uns Texter wird es herausfordernd, sich aus Kundensicht unverzichtbar zu machen.
Tja …
Welche Geschäftsmodelle wird es für Texter dann noch geben?
Ich hab dazu mal ein bisschen meine Kristallkugel geschaut und meine ersten Erfahrungen mit KI-Tools mit einfließen lassen. Sehen wir uns die Geschäftsmodelle an:
1. Das Vogelstrauß-Modell
Ich lese häufig in Blog-Posts und auf Social Media: „Ne, wird schon nicht so schlimm werden. Und ich hab ja treue Kunden, da sitz ich gut im Sattel. KI ist sowieso nur Hype und wird schon wieder weggehen.“
Wird es nicht. So wenig wie das Neuland Internet. Also Leute, zieht euch warm an. Den Kopf in den Sand stecken, das wird nicht funktionieren.
2. Das KI-Hybrid-Text-Modell
Texten in friedlicher Koexistenz: Sie lassen die KI die öden Text-Jobs machen: Ideen sammeln, Outlines schreiben, Inhalte planen. Auf dieser Basis lassen Sie dann Ihre Texter-Genialität leuchten. Natürlich können Sie dann dafür nicht mehr Ihre ehedem satten Preise aufrufen, sondern müssen einige Abstriche machen. Aber he, dafür können Sie mehr Aufträge übernehmen!
3. Das Skill-Stacking-Modell
Sie packen (stacken) noch zusätzlichen Leistungen oben drauf. Sie bieten Ihren Kunden nicht nur die reinen, mit KI-Unterstützung erstellten Texte, sondern zusätzliche, darauf aufbauende Angebote. Wie beispielsweise Repurposing. Das Ausschlachten der gerade erstellten Inhalt für neue Formate:
- Text > PDF-Download
- Text > Video
- Text > Podcast
- Text > E-Book
- Text > Evergreen-Webinar
All das offerieren Sie als Paket. Das erfordert natürlich: Sie müssen raus aus Ihrer Komfortzone. Sie müssen nicht nur texten können, sondern sich auch in andere Tools einfuchsen, andere Techniken lernen.
Echt jetzt? Tja, ich vermute, Sie werden nicht drum rum kommen, weil … wenn Sie’s nicht tun, andere stehen schon in den Startlöchern. Und letztendlich ist es ja auch ein attraktiver Service für Ihre Kunden (den Sie mit KI im Hintergrund stark automatisieren können).
4. Das KI-Text-Training-Modell
Bieten Sie KI Text-Schulungen für Unternehmen. Hier entsteht aktuell hoher Schulungsbedarf. Dazu müssten Sie natürlich erst mal selbst fit in dem Thema werden.
Und ja, Sie graben sich damit als Texter selbst das Wasser ab. Rationalisieren sich mit Ihren Schulungen selber weg.
Aber das wird früher oder später ohnehin der Fall sein. Warum dann nicht jetzt wenigstens noch Geld damit verdienen. Und Sie werden dadurch ja nicht dümmer.
Klingt das alles nicht ein bisschen zu pessimistisch, Herr Krause?
Sie haben Recht. Sehen wir es positiv, wie dieser Texter, dessen Kommentar ich neulich unter einem Youtube-Video entdeckte:
Ich denke, das ist ein wertvoller Hinweis, wohin die KI-Reise gehen kann:
Ihre Chance besteht darin, sich auf die nächste Ebene zu heben
Also weg vom reinen Texten. Worte in die Tastatur hacken. Hin zum Supervisor, zum Editor, zum Redakteur Ihrer Themen:
- Sie planen, koordinieren, überprüfen und bearbeiten KI generierte Inhalte.
- Sie entscheiden, was weiterverfolgt werden soll
- und haben dadurch letzten Endes mehr Zeit für bessere Texte.
Natürlich können nicht alle Texter diesen Job machen
Dazu müssen Sie sich qualifizieren. Sie müssen sich mit dem KI-Thema jetzt und heute beschäftigen und auf diese neue Skills hinarbeiten. Das wäre meine persönliche Empfehlung. Ich mache es auf jeden Fall.
Meine 4 Take Aways für uns Texter:
- KI-Tools nicht ignorieren: Beschäftigen Sie sich ab heute damit. Das wird nicht vorbeigehen. Im Gegenteil, die KI-Technik wird immer weiter aufholen.
- KI jetzt bei eigenen Textprojekten ausprobieren: Damit Sie ein besseres Gespür dafür bekommen: Was geht? Und was geht (noch) nicht?
- Skills erweitern: Wo haben Sie Wissenslücken? Welche Fähigkeiten, Angebote brauchen Sie, um für Ihre Kunden weiterhin ein wertvoller Partner zu sein? Was müssen Sie noch lernen, um besser editieren zu können, um den Kunden besser zu verstehen und die KIs mit den richtigen Sprachbefehlen (Prompts) zu triggern?
- Neue Geschäftsfelder/Services testen: Halten Sie die Augen auf für neue KI-Betätigungsfelder, die an Ihrem Text-Know-how anknüpfen und an denen Sie Spaß haben! Was kann bei Ihren Kunden gut funktionieren? Womit können Sie neue Kunden gewinnen?
Sie sehen:
Mit KI eröffnen sich Ihnen als Texter viele neue Möglichkeiten
Sie bekommen wieder mehr Zeit, um gute Texte zu schreiben. Sie werden entlastet von den Kärrnerarbeiten des Textens wie zeitraubende Recherchen und Themenplanung. Das lagern Sie aus an die KI. Und Sie, Sie kümmern sich nur noch um die kreative Arbeit des Schöntextens. Ob das auch entsprechend honoriert wird, wird sich zeigen. Auf jeden Fall: Jetzt ist es Zeit, das Thema KI anzupacken, besonders wenn Sie in der Textbranche arbeiten.