Website-Vorlagen präsentieren sich so stylish und trendy wie Instagram-Influencer in Dubai. Doch wehe, wenn Sie in diese makellos gestylten Musterboxen echten Inhalt pressen müssen! Was im Portfolio der Template-Schmieden noch mit „Lorem ipsum“ und „Experience Design“ so herrlich minimalistisch daherkommt, entpuppt sich im Arbeitsalltag als textliches Folterwerkzeug.
Die zwei-Wort-Headline?
Ein formvollendetes Meisterwerk im Designkonzept. Doch spätestens wenn Sie darin Worte wie „Spinalkanalstenosesymptomatik“ oder „Altersvorsorge-Renditechancen“ unterbringen müssen, bricht die visuelle Harmonie zusammen wie ein Kartenhaus bei Zugluft.
Auf den Texterschreibtischen dieser Republik spielen sich täglich dieselben Dramen ab:
Designer verweisen stolz auf ihre pixelperfekten Layouts. Soll der Content doch gefälligst in diese engmaschigen Käfige passen. Käfige, bei denen schon längst der Tierschutz eingeschritten wäre. Als müsste man plötzlich „Premium-Manufaktur-Qualität“ durch „billig“ ersetzen. Nicht weil es inhaltlich stimmt, sondern weil das kurze Wort besser ins Layout passt.
Diese Template-Diktatur ist wie ein zu kleiner Designer-Anzug:
Schick in der Theorie, aber sobald ein echter Mensch hineinschlüpft, platzen die Nähte. Während der Designer noch an seinem Flat White nippt, kämpfen Sie mit der Unmöglichkeit, Ihre komplette Unternehmensphilosophie in eine Box zu quetschen, die für „BE BOLD“ konzipiert wurde.
Übrigens haben die Kollegen vom Webdesign Journal das Drama von Wunsch und Wirklichkeit in einem Beitrag beeindruckend manifestiert. (Wer die Hässlichkeit in ihrer vollen Pracht erleben will, klickt hier.)
Und Ihr Chef – oder vielleicht sogar Sie selbst in vollkommener Ahnungslosigkeit?
Verlieben sich natürlich sofort in diese visuellen Verführer. „Genau so soll unsere Website aussehen!“ Dass Ihr Branchenthema mehr als drei Schlagworte umfasst und Ihre Fachtexte länger sind als die durchschnittliche deutsche Bahnhofsdurchsage, fällt erst auf, wenn das fertige Projekt zum inhaltlichen Bankrott zu werden droht.
Während früher erst der Text kam und das Layout folgte, ist es heute umgekehrt:
Ihr Inhalt muss sich dem Design beugen. Als würde man ein Fünf-Gänge-Menü auf Espressotellerchen servieren, weil die besser zum Konzept des Restaurants passen.
Und irgendwo versucht wieder gerade ein verzweifelter Wortarbeiter „Individuelles Finanzierungskonzept“ auf „GELD JETZT“ einzudampfen. Nicht weil es besser ist. Sondern weil das gottverdammte Template sonst aus den Fugen gerät.
So kommen Sie in die absurde Situation, dass Ihr mit jahrelanger Expertise geschriebener Text nicht mehr nach Relevanz oder Wirksamkeit beurteilt wird. Sondern danach, ob er in die ästhetische Zwangsjacke passt, die irgendein Designstudio in Kalifornien für alle Branchen dieser Welt geschneidert hat.
Eines steht fest:
Wenn Sie Ihre Texte täglich dem Design opfern müssen, brauchen Sie keine Agentur, um mittelmäßige Webauftritte zu produzieren. Das schaffen diese Template-Diktaturen ganz von allein. Aber hey – immerhin sieht’s auf Pinterest fantastisch aus.
Und damit Ende im Text. Mein Template gibt nicht mehr her.